23.11.2020

Buchempfehlungen (2): "Die Angstprediger - Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern" von Dr. Liane Bednarz und "Afd, Pegida und Co. - Angriff auf die Religion?" von Stefan Orth und Volker Resing (Hg.)

Die Angstprediger - Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern" von Dr. Liane Bednarz





256 Seiten

Günstiger erhältlich bei der Bundeszentrale für politische Bildung:



Beschreibung:

Religion und Politik: Welchen Einfluss haben rechte Christen in Deutschland? In ihrem politischen Debattenbuch beschreibt Liane Bednarz, wie Teile der evangelischen, evangelikalen und katholischen Christen seit Jahren rechtes Gedankengut annehmen und verbreiten. Diese Art von Fundamentalismus nutzt das bürgerliche Vertrauen in die christliche Religion und ihre Kirchen, um die bürgerliche Mitte mit rechten Ideen zu infiltrieren und einen Kreuzzug gegen Pluralismus und Toleranz zu führen. Rechte Christen sind seit Jahren auf dem Vormarsch. Sie sind in den Volkskirchen und in evangelikalen Gruppierungen zu Hause, sie haben ein klares Feindbild und meinen, damit das christliche Abendland zu schützen. Rechte Christen kämpfen gegen die angebliche Islamisierung, gegen Zuwanderung und Migration, gegen die Ehe für alle, Homosexualität, Gender Mainstreaming, Gleichberechtigung und Abtreibung, ein zeitgemäßes Familienbild und zu liberale Haltungen in den großen Kirchen. Die Verbindungen zur rechten populistischen Szene sind zum Teil fließend; die Angstprediger zeigen bisweilen offene Sympathie für Pegida, die AfD und die vom Verfassungsschutz beobachtete Identitäre Bewegung. In ihrem Debattenbuch deckt Liane Bednarz die Netzwerke der rechten Christen auf, beschreibt ihre Feindbilder, Überzeugungen und Aktionsformen und warnt vor den gesellschaftlichen Konsequenzen dieser Instrumentalisierung von Religion.



Liane Bednarz (* 28. März 1974 in Wuppertal) ist eine deutsche Publizistin und Juristin. Bednarz studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten in Passau und Heidelberg sowie mit einem DAAD-Stipendium in Genf (Schweiz). 2005 wurde sie an der Universität Heidelberg mit der Dissertation Der Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zur Dr. iur. promoviert. Sie war Promotionsstipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung.


Meine Meinung:

Zunächst mal würde ich gerne einige Links teilen. Erst diesen hier, er führt zu einem Artikel, geschrieben von der Autorin. Gut für einen ersten Überblick über das Buch:


Und dann würde ich gerne noch einen Link teilen:


Ich möchte aus diesem Interview etwas zitieren. Denn natürlich haben wir Muslime auch konservative Ansichten über bestimmte Themen. Ab wann ist man also ein rechter Christ und wann nur konservativ? Zitiert vom Link:

"Rabhansl: Machen wir's mal an einem religiösen Beispiel vielleicht fest: Wenn konservative Christen gegen Abtreibung sind, sind sie noch nicht rechts. Wann ist diese Einstellung rechts?

Bednarz: Genau, also gegen Abtreibung zu sein, das gilt auch für viele andere Positionen, das ist jetzt nicht per se rechts, überhaupt nicht, das ist eigentlich ein kernchristliches Thema. Es kippt allerdings, wenn es dann vermengt wird mit demografischen Erwägungen. Das sehen Sie zum Beispiel bei der AfD, die spricht sich zwar insgesamt kritisch gegen Abtreibung aus, aber kritisiert Abtreibung in ihrem Grundsatzprogramm im Zusammenhang mit der Thematisierung einer sogenannten aktivierenden Bevölkerungspolitik zugunsten der einheimischen Bevölkerung. Mit anderen Worten, man moniert die Abtreibungszahlen deshalb, weil nicht genug deutsche Kinder geboren werden. Und diese Vermischung zwischen solchen Erwägungen und der Abtreibungsfrage sprengt das Konservative, weil ein konservativer Christ keinen Unterschied machen würde in dieser Frage, ob jetzt der Embryo, der abgetrieben wird, ein ausländisches Kind geworden wäre oder eben ein deutsches"


Die Unterscheidung, was "nur konservativ" und was "rechts" ist, wird wohl weiterhin nicht einfach sein. Aber dieses Zitat gibt einen guten Anhaltspunkt. Das wird im Buch noch mehr thematisiert.

Ich selbst habe bereits Bücher konservativer Christen über radikal linken Feminismus gelesen und ich habe deren Kritik zugestimmt. Dann blätterte ich ein paar Seiten weiter und - tadaa! - Islamhass eingestreut. Natürlich. Ich weiß auch, wieso: Wir Muslime werden als Kontrast benutzt, damit man selbst nicht so intolerant rüber kommt. Dass das unlogisch ist, darüber könnte man so viel schreiben. Aber das sprengt hier den Rahmen. Ach. Dieses liberal vs conservative. Dieses Schwarz-Weiße. Das ist so, so anstrengend.

Eins ist jedenfalls klar: Egal ob Muslim oder Christ: Die eigenen politischen Ansichten, egal in welcher Richtung, dürfen nicht in Menschenfeindlichkeit ausarten. Das ist die Botschaft dieses Buches hier. Ein weiteres Zitat aus dem Buch, was betont, dass es nicht darum geht, Konservatives grundsätzlich zu verdammen:

"In der Auseinandersetzung mit rechten Positionen sind die Kirchen und Gesellschaft gefordert, auch dezidiert konservative und streng fromme Positionen auszuhalten, was namentlich vielen im linksliberalen und linken Milieu schwerfällt. Umgekehrt gilt es aber, bei jedem Thema aufzuzeigen, wo die Grenze zu einem rechten Denken überschritten wird, das mit dem christlichen Menschenbild, wie es in den Evangelien vermittelt wird, nicht mehr kompatibel ist." - Seite 241

Ich erinnere mich daran, wie der frühere Schulfreund, den ich dann als antimuslimischen Rassisten entlarvte, einen Facebook-Artikel über das Thema Transfrauen in öffentlichen Frauen-Toiletten teilte. Er schrieb dazu irgendetwas von wegen, sollte er das jemals erleben, würde er die "Tranny" zusammenschlagen. So, da hätten wir ein passendes Beispiel dafür, was nicht konservativ ist.

Nun ein anderes Zitat aus dem Buch:

Auf Seite 130 steht: "Die Islamaversion bzw. der Kampf vieler strenggläubiger Christen gegen eine angebliche »Islamisierung« steht der offiziellen Haltung der Kirchen diametral entgegen." Es werden Beispiele genannt für offizielle Positionen der katholischen und evangelischen Kirche gegenüber dem Islam, wobei klar wird, dass es nicht darum geht, den eigenen Absolutheitsanspruch loszuwerden, sondern Respekt zu zeigen.

Ich selbst habe nur gute Erfahrungen gemacht mit Vertretern der katholischen und evangelischen Kirche, genau genommen Pfarrern und Kirchenvorständen. Ich bin mir sicher: Ich bin für den Rest meines Lebens extrem gerührt angesichts der Nächstenliebe, die ich da erlebt habe. Doch bereits vor diesen positiven Erfahrungen war mir klar, dass die Kirchen an sich oft gegen Rassismus und Muslimhass kämpften, sehr zum Ärger der Islamhasser. Beispiele gibt es viele. Wer erinnert sich nicht daran, als der Dom in Köln die Lichter ausgeschaltet bekam, als es zu einer Pegida-Demo kam? https://www.migazin.de/2015/01/05/koelner-dom-lichter-islamfeindliche_koegida-pegida-demo

Zurück zum Buch. Ich kann wie immer nicht alles anschneiden, was im Buch thematisiert wird. Es werden zum Beispiel die Mythen über eine angebliche "Islamisierung" angesprochen, zum Beispiel die vielen Lügen. Das Thema Wintermärkte statt Weihnachtsmärkte... klick mich

Man erfährt, weshalb Rechtspopulismus für manche Christen attraktiv ist und was man dagegen machen kann.

Dieser Link hier wurde eingefügt und das Thema besprochen:


Ein sehr interessantes Buch für einen guten Einblick in das Thema.




Afd, Pegida und Co. - Angriff auf die Religion?" von Stefan Orth und Volker Resing (Hg.) 


208 Seiten



Ist bei der Seite Scribd zu lesen, wo man soweit ich weiß, einen Gratis-Probemonat bekommt. (Keine Kooperation)

Beschreibung auf https://www.herder.de/theologie-pastoral-shop/afd%2C-pegida-und-co.-gebundene-ausgabe/c-37/p-7686/ (Leseprobe dort):

Christliche Antworten auf den Angriff von Rechtspopulisten

Rechtspopulisten sind in Europa und inzwischen auch in Deutschland massiv auf dem Vormarsch. Sie bedienen sich Ressentiments und vor allem der Ängste der Menschen, um gegen Randgruppen und auch demokratische Strukturen zu hetzen. Dabei verwenden sie auch religiöse Bezüge, die sie pervertieren. Hochkarätige Autoren beleuchten Hintergründe und Entstehungsgeschichte und blicken weiter: Was müssen die Kirchen und religiösen Gemeinschaften tun, um sich nicht zu distanzieren, sondern klar Stellung zu nehmen? Und wie kann man gemeinsam den Vormarsch stoppen? Hier finden profunde Kenner deutliche Worte und bieten konstruktive Vorschläge. Konkret, entschieden und mutig. Ein Buch aus der Reihe Edition Herder Korrespondenz.

"Zu den zentralen Themen von AfD, Pegida und anderen gehört die Religion. Einerseits bezieht man sich auf das »christliche Abendland« und fürchtet sich vor »dem Islam«, den man undifferenziert wahrnimmt. Andererseits stören sich die Wortführer am Engagement der Kirchen für die Flüchtlinge im Land, die in größerer Zahl gekommen sind. In vielfältiger Weise geht es da um Religions- und Kirchenkritik. Angriff auf die Religion also? Und was ist ihm entgegenzusetzen?" (aus dem Vorwort) 

Mit Beiträgen von Christian Hermes, Joachim Klose, Hans Joachim Meyer, Werner J. Patzelt, Andreas Püttmann, Karlheinz Ruhstorfer, Thomas Sternberg, Sonja Angelika Strube, Rainer Maria Woelki, Paul Michael Zulehne (Anmerkung von mir: Einfach mal googlen!)


Die Herausgeber:

Stefan Orth, Dr., geb. 1968, ist stellvertretender Chefredakteur der Herder Korrespondenz. Monatsheft für Gesellschaft und Religion. Er hat in Freiburg, Paris und Münster katholische Theologie studiert, im Fach Fundamentaltheologie promoviert und ist seit 1998 Redakteur der Herder Korrespondenz in Freiburg.

Volker Resing, geb. 1970, ist Journalist und Buchautor. Seit Oktober 2014 ist er Chefredakteur der "Herder Korrespondenz". Zuvor war Resing Redakteur der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Seit 2002 war er als Hauptstadt-Korrespondenz in Berlin für verschiedene Tageszeitungen sowie katholische Kirchenzeitungen tätig.


Meine Meinung:

Wieder zunächst mal ein paar gute Links zu Artikeln über das Buch:

https://www.deutschlandfunk.de/kirchen-und-rechtspopulismus-die-afd-verstreut-ein-suesses.886.de.html?dram:article_id=376500

https://www.islamiq.de/2017/02/03/afd-pegida-und-co-angriff-auf-die-religion/

https://www.jesus.de/stefan-orth-volker-resing-hg-afd-pegida-und-co-angriff-auf-die-religion/

https://www.euangel.de/ausgabe-3-2017/rezensionen/afd-pegida-und-co-angriff-auf-die-religion/

Durch diese besseren Rezensionen bekommt ihr einen guten Überblick.

Auch das ist ein Buch, das radikalchristliche Islamhasser am liebsten an die Wand werfen würden. Aber sie sollten sich anschauen, wer die Artikel geschrieben hat. Soweit ich weiß, sind 5 davon Theologen.

Für mich war das Lesen des Buches ein echter Genuss.

Zitate:

Seite 43: "Noch deutlicher sticht die Wählerschaft der Afd von der aller anderen parlamentarischen Parteien ab; von CDU/CSU-Wählern übrigens keineswegs weniger als von SPD-Wählern - ein erster Hinweis darauf, dass wir es mitnichten bloß mit einer konservativen CDU oder der »CDU der Fünfzigerjahre« zu tun haben."

Seite 46: "Die Annahme, eine 10- bis 15-prozentige Daueropposition könne in demokratischen Systemen kaum etwas bewirken, ist auch deshalb falsch, weil Anhänger hoch motivierter, fanatisierter Minderheiten im Vergleich zur kognitiv moderaten, aber meist auch habituell »lauen' Mehrheit ein Vielfaches an Zeit, Geld und »Herzblut« zu investieren bereit sind."

Seite 52: "Die angloamerikanische Politikwissenschaft unterscheidet drei Dimensionen von Politik: politics, policy und polity. Sie stehen, kurz gesagt, für den Prozess, die Inhalte und die Form des Politischen. Solange die polity-Dimension, die System- und Regelakzeptanz von der AfD nicht klar und durchgehend im Sinne unseres demokratisch-rechtsstaatlichen Grundkonsenses beantwortet ist, können ihre teilweise auch für Christen verlockenden policy-Angebote - etwa zum Schutz vorgeburtlichen Lebens oder zum Leitbild der traditionellen Familie - schwerlich als Wahlargumente für sie geltend gemacht werden. Und ohne eine Fundamentalkonversion der AfD zur Menschenwürde als Dreh- und Angelpunkt der Verfassungsordnung wird man in jeder vordergründig richtigen policy immer einen Pferdefuß finden: »Lebensschützer« bringen plötzlich den Schießbefehl an der Grenze ins Gespräch oder sehen in Abtreibungen vor allem ein Demografie-Problem; Law-and-order-Vertreter lassen ihre Klientel leichtfertig mit dem Widerstandsrecht hantieren."

Seiten 86 und 87: "Kein Zweifel kann daran bestehen, dass die Kirche selbstverständlich mit aller Vehemenz die Unterdrückung und Verfolgung von Christen kritisieren und ihnen so gut als möglich Hilfe zuteilwerden lassen muss. Es ist aber eine abwegige Argumentation, Kritik an den Positionen der AfD dadurch zu kontern, die Kirche solle sich doch zuerst um die verfolgten Christen in den islamisch dominierten Ländern kümmern. Als ob sie dies nicht täte. Ebenso abwegig ist der Versuch, aus der Diskriminierung des Christentums in diesen Ländern ein moralisches Recht zur Diskriminierung von Muslimen hierzulande abzuleiten. [...] Ebenso ist die Unterstellung zurückzuweisen, die Kritik an einer pauschalen Diffamierung von Menschen und ihrer Religion rechtfertige oder verharmlose fundamentalistische oder radikal-islamistische Umtriebe hierzulande."

Klickt hier für den offenen Brief des Stadtdekans Christian Hermes: https://www.facebook.com/stadtdekanchristianhermes/posts/1282851538410753

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen