11.02.2017

Buchempfehlung: "Angst ums Abendland: Warum wir uns nicht vor Muslimen, sondern vor den Islamfeinden fürchten sollten" von Daniel Bax




263 Seiten


Klappentext:

Gehört der Islam zu Europa? Diese Frage spaltet die Gemüter, aber die Debatte ist von viel Unwissen und Klischees geprägt. Kommt die Gewalt aus dem Koran? Braucht der Islam einen Martin Luther? Ist das Kopftuch ein Zeichen der Unterdrückung? Zeugen Moscheebauten von Eroberungswillen? Und müssen wir heute alle "Charlie" sein, um unsere Werte zu verteidigen? Rechtspopulistische Parteien geben heute vor, sogenannte westliche Werte wie Aufklärung und Demokratie, Meinungsfreiheit und Frauenrechte zu verteidigen, und haben damit in vielen europäischen Ländern beachtliche Erfolge erzielt. Aber nicht rationale Religionskritik, sondern das Ressentiment ist ihr Geschäft. Daniel Bax zeigt, wie eine übersteigerte Angst vor Muslimen die Grundlagen dessen zerstört, wofür Europa steht.


Die Huffington Post sagt über Daniel Bax:

Daniel Bax, geboren 1970 in Blumenau (Brasilien), aufgewachsen in Freiburg und Berlin, hat in Berlin Publizistik und Islamwissenschaften studiert und die Vielfalt der Stadt schätzen gelernt. Seit 15 Jahren arbeitet er als Journalist bei der taz und schreibt über die Themen Migration, Integration und Islam. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. „Angst ums Abendland“ ist sein erstes Buch. - Link


Meine Meinung:

Das Inhaltsverzeichnis ist hier zu sehen (bei "Leseprobe"): KLICK.

Vorabdruck:



Anti-islamkritische Bücher haben immer einen bestimmten Schwerpunkt. Ich finde, "Angst ums Abendland" ist geeignet, um einen Überblick auf die westliche Islamfeindschaft zu bekommen. Es fängt mit lange vergangenen Zeiten an und endet in der Gegenwart. Ich habe noch kein Buch gelesen, in dem die Protagonisten der Islamhasser und ihre Taten so vollkommen aufgezählt wurden.

Es gibt noch einige andere Abschnitte als bloß die Geschichte der Islamophobie, doch als Widerlegung von islamkritischen Argumenten dient es meiner Meinung nach eher weniger. Es gibt zudem einiges an Modernismus in diesem Buch, welcher auf schlaue Art hier und da reingestreut wurde, z. B. werden allseits bekannte Islamverfälscher gelobt. (PS: Die Behauptung auf Seite 205, Pierre Vogel habe vor einem "bevorstehenden Holocaust gegen Muslime" gewarnt, stimmt nicht.)

Wie schon erwähnt, liegt das Empfehlenswerte in dem Buch, dass man einen richtig guten Überblick über die Islamfeindschaft bekommt. Wer erst vor kurzem herausgefunden hat, dass es Hetze gegen Muslime gibt, muss sich unbedingt dieses Buch zulegen.

Zum Beispiel erwähnt der Autor, wie im März 2014 die islamfeindliche English Defence League einen muslimischen Familientag im Legoland-Park in Windsor/Berkshire zerstörte, in dem sie das Legoland-Management mit einer gewaltigen Menge an Drohanrufen und Hassmails zwang, die Veranstaltung anzusagen.

Auch Terror, der dieser Feindschaft entspringt, wird gut recherchiert thematisiert, wie das Chapel Hill Shooting, oder die Tatsache, dass die US-Polizei es im Mai 2015 gerade noch verhindern konnte, dass der Pastor Robert Doggart mit anderen Leuten zusammen eine muslimische Gemeinde im Staat New York attackierte - mit Macheten, Sturmgewehren und Molotowcocktails.



"Ein aus Westeuropa stammender Rabbiner im osmanischen Edirne, Isaac Zarfati, schrieb um 1454 an seine Glaubensbrüder, die unter christlicher Herrschaft lebten, "dass die Türkei ein Land ist, in dem es an Nichts fehlt." Hier könne jeder unter seinem Feigenbaum oder Weinstock sitzen und ruhig leben. ZITIERT NACH LEWIS BERNARD DIE JUDEN IN DER ISLAMISCHEN WELT, MÜNCHEN 2004, S. 125. Er empfahl ihnen, der "großen Folterkammer" ihrer Länder zu entfliehen und wie er ins Osmanische Reich zu ziehen." (S. 52)


"Am 27. November 1095 rief Papst Urban II. auf der Synode seiner Kirche in der französischen Bischofsstadt Clermont zum ersten Feldzug ins "Heilige Land" auf. Das erklärte Ziel war die "Befreiung Jerusalems" aus den Händen der Muslime, die es über vierhundert Jahre zuvor erobert hatten. Wer sich dieser "bewaffneten Pilgerreise" anschließe, dem sollten alle Sünden vergeben werden, versprach der Papst und rief damit zum "Heiligen Krieg" auf. Mit dem Ruf "Deus lo vult" - "Gott will es" - soll seine Rede begeistert aufgenommen worden sein, und schon bald schlossen sich Ritter und einfaches Volk aus ganz Westeuropa diesem Schlachtruf an. Bevor sich die Kämpfer in Richtung Palästina aufmachten, kam es aber, als Nebeneffekt, in ganz Westeuropa zu Übergriffen gegen die dort lebenden Juden. Keine vier Jahre später, im Juli 1099, gelang es dem vereinigen Heer der Kreuzritter unter Führung von Gottfried von Bouillon, Jerusalem einzunehmen. Dessen Kämpfer richteten unter den Bewohnern der Stadt ein Blutbad an, das selbst mitgereiste fränkische Chronisten wie Albert von Aachen und Radulf von Caen entsetzte, so brutal wurde die muslimische und jüdische Bevölkerung dort niedergemetzelt. Schon bei der Belagerung der Stadt Antiochia (dem heutigen Antakya in der Türkei) hatten sich die Kreuzritter keinen besonders guten Ruf erworben: Weil sie aufgrund einer Dürre an Hungersnot litten, kam es dort zu kannibalischen Exzessen. Berichte über die "Menschenfresser" aus Europa machten in der Region noch viel später die Runde." (S. 52-53)


"Religiöse Minderheiten wie Juden und sogar Protestanten genossen außerdem unter türkisch-osmanischer Herrschaft eine Glaubensfreiheit, 'wie sie im unduldsamen christlichen Europa so gar nicht vorstellbar war' [(Schwarz, Klaus: Die Türken als Hoffnung der deutschen Protestanten zur Zeit des Interims, in "Europa und der Orient 800-1900)], was das "türkische Joch" für manche durchaus attraktiv erscheinen ließ." (S. 56)


"Man stelle sich vor, jemand habe in seiner Jugend in Deutschland traumatische Erfahrungen gemacht, er sei als Junge in einem katholischen Internet von einem Pfarrer missbraucht oder als Mädchen von seinem Vater regelmäßig verprügelt worden. Später wandert dieser Mensch dann in ein muslimisches Land aus, in den Emirat am Golf oder in die Türkei, schreibt dort Bücher und tritt dort häufiger im Fernsehen auf, um zu erklären, wie verdorben das Christentum in Europa doch ist und warum das persönlich erlittene Leid auf die Grausamkeit dieser Religion zurückzuführen sei." (S. 120) - Anmerkung von mir: Diese Person würde dann vermutlich diesen Bibelvers aufführen: »Wer seine Rute schont, der haßt seinen Sohn; wer ihn aber liebhat, der züchtigt ihn bald.« - Sprüche 13,24


"Den Militärputsch gegen Mursi nannte er [Hamed Abdel-Samad] in der Bild Zeitung einen "Sieg der Hoffnung", und nach dem Massaker an Hunderten von Muslimbrüdern kommentierte er auf seiner Facebook-Seite knapp "Der Faschismus wurde auch nicht durch die Politik besiegt." (S. 127)

"Hamed Abdel-Samad [...] reiste im November 2013 problemlos nach Ägypten. Als er dort entführt wurde, glaubten viele, es müssten Islamisten dahinterstecken. Doch am Ende stellte sich heraus, dass es sich um einen Geldstreit handelte. Das Gerede von der Bedrohung durch eine angebliche Fatwa ist offenbar nicht mehr als ein Marketing-Gag. Doch kaum jemand hinterfragt, was es damit auf sich hat, und so schmückt sich Abdel-Samad weiter mit seiner Fake-Fatwa. (S. 129)


"Zum Völkermord, den serbische Milizen 1995 in der bosnischen Enklave Sebrenica begangen haben, vertreten manche "Islamkritiker" und Rechtspopulisten deshalb eine ganz eigene Meinung. Der Schweizer Politiker Oskar Freysinger, der maßgeblich für die Anti-Minarett-Kampagne in seinem Land verantwortlich war, findet, das Massaker an 8.000 Zivilisten werde aufgebauscht, außerdem seien ja keine Frauen und Kinder getötet worden. Sein Freund, der serbisch-stämmige Schriftsteller Slobodan Despot, sieht das Massaker ähnlich und hält es - anders als die UNO - für keinen Völkermord. Freyinger, der für die SVP im Staatsrat des Kantons Wallis sitzt, ernannte Slobodan Despot 2013 zu seinem Kommunikationsverantwortlichen." (S. 206)

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